Haushaltsrede 2024 für Bündnis 90/Die Grünen Weinstadt

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Damen und Herren in der Stadtverwaltung und im Gemeinderat,

eine Vielzahl von globalen Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen hat weltweite Verwerfungen auf den Handels- und Wirtschaftsmärkten hervorgerufen. Drastisch gestiegene Energiepreise, Material- und Baukosten sowie von der Inflation hochgetriebene Personalkosten und Kreditzinsen machen nicht nur Bürger:innen und Betrieben heftig zu schaffen, sondern führen auch zu großen Belastungen für die Kommunen. Die umfangreichen Kostensteigerungen führen in dem nun zu beschließenden Haushaltsplan 2024 der Stadt zu einem Defizit von 2,6 Mio. Euro im Ergebnishaushalt. Diese schwierige Finanzlage macht es erforderlich, die städtischen Ausgaben maßvoll und zielgenau zu steuern. Doch auch in schwierigen Zeiten gilt es, Kurs zu halten bei Erhalt und Weiterentwicklung der kommunalen Infrastruktur für eine gute Zukunft unserer Stadt. Deshalb unterstützen wir GRÜNE das anspruchsvolle Investitionsprogramm von Stadt und Stadtwerken. Vor allem in den Bereichen Bildung und Klimaschutz fordern wir aber mehr Engagement und haben dies mit Haushaltsanträgen konkretisiert.

Klimaneutrale Stadt bis 2035

Wir sind froh, dass der Gemeinderat auf Initiative des KlimaBündnis Weinstadt einstimmig beschlossen hat, dass Weinstadt bis 2035 klimaneutral sein soll. Hauptaufgabe des seit April 2022 eingestellten städtischen Klimaschutzmanagers war die Erstellung eines Klimaschutzaktionsplans für die Stadt als Grundlage für weiterführende Planungen und Maßnahmen. Unter breiter Beteiligung der Bürgerschaft und der Gewerbetreibenden mittels Bürgerwerkstatt, Unternehmensforen und des Expertenrats Klimaschutz wurde dieser Klimaschutzaktionsplan aufgestellt und soll in Kürze vom Gemeinderat beschlossen werden. Dieser Plan betrifft alle Lebensbereiche und eine Vielzahl von Akteuren in der Stadt. Insbesondere für die Handlungsfelder „Wohnen und Leben“ sowie „Wirtschaft werden erhebliche personelle Ressourcen benötigt, um die Bürgerschaft und Gewerbetreibende zu klimaschützenden Maßnahmen zu motivieren und sie bei deren Umsetzung zu unterstützen. Unser Klimaschutzmanager Friedrich Huster kann diesen Zuwachs an Aufgaben nicht alleine bewältigen. Deshalb beantragen wir die personelle Verstärkung der Stabsstelle Klimaschutz um eine/n Beauftragte/n für klimaneutrale Kommunalverwaltung unter Nutzung der Fördermittel aus dem Landesprogramm „Klimaschutz-Plus“. Bei allen anderen großen Kreisstädten im Rems-Murr-Kreis sind mehrere Mitarbeiter im Bereich Klimaschutz tätig und aktuell hat die Stadt Backnang eine solche Beauftragten-Stelle zusätzlich besetzt. Die rasch fortschreitende Klimakrise nimmt keine Rücksicht auf angespannte Kassenlagen. Auch in schwierigen Zeiten muss der Klimaschutz zügig und stetig vorangebracht werden, um die Auswirkungen des Klimawandels in einem erträglichen Maß zu halten. Unser Haushaltsantrag wird zusätzliche Personalkosten verursachen, die jedoch mit den Fördergeldern vom Land und dem von uns eingebrachten Vorschlag zur Begrenzung des Personalkostenanstiegs beim Grundstücks- und Gebäudemanagement weitestgehend gegenfinanziert werden können.

Erneuerbare Energien lokal ausbauen

Die größten und am raschesten umsetzbaren Potenziale zum Klimaschutz bietet die lokale Energiewende, also die Transformation von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien. Deren Erzeugung schafft eine hohe lokale Wertschöpfung und bietet eine krisensichere, kostengünstige und klimaschonende Energieversorgung für unsere Bürgerschaft und die lokale Wirtschaft. Unsere Stadtwerke könnten ihre Kunden mit vor Ort erzeugtem grünen Strom versorgen und mit der Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft könnten sich interessierte Bürgerinnen und Bürger am Betrieb von Photovoltaik- und Windkraftanlagen beteiligen. Auch die Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg fordern einen beherzten Ausbau der Solar- und Windenergie im Land, um die Standortbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern. Das Potenzial dafür ist laut Klimaschutzaktionsplan in Weinstadt vorhanden: Der für 2040 prognostizierte gesamte Stromverbrauch von 170 GWh pro Jahr könnte demnach zu 92 % lokal mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Hoffnungsvoll stimmt dazu der starke Zubau an Dachflächen-PV in Weinstadt im Jahr 2023. Insgesamt gingen 427 Anlagen mit 2,6 MWp Spitzenleistung neu ans Netz, mehr als das Dreifache gegenüber dem Vorjahr. Damit können 2,5 % des derzeitigen Stromverbrauchs in Weinstadt abgedeckt werden. Zu dieser positiven Entwicklung hat das Förderprogramm der Stadt für Balkonmodule ebenso beigetragen wie das starke und tatkräftige Engagement des KlimaBündnisses. Um das Gesamterzeugungspotenzial von 80 GWh pro Jahr erreichen zu können, braucht es noch langjährige Information und Beratung.

Deutlich größere und schnellere Ausbauschritte können mit Freiflächen-Fotovoltaikanlagen erreicht werden. Mit der Entscheidung zur Entwicklung des Biodiversitäts-Solarparks Schönbühl durch unsere Stadtwerke hat der Gemeinderat ein wichtiges Signal gesetzt. An diesem landschaftlich verträglichen Standort soll aufgezeigt werden, wie Klimaschutz und Naturschutz gleichermaßen von dieser Konversionsmaßnahme profitieren können. Bereits in der Vorplanung befindet sich der kleinere Solarpark im Steinbruch Beutelstein. Auch für weitere Flächen sehen wir gutes Entwicklungspotenzial, wie dem von uns schon früher vorgeschlagenen Standort „Breitgarten“ beim Naturfreundehaus Strümpfelbach und dem „Vogtshau“ zwischen Schnait und Baach. Außerdem sollte das Gebiet „Buchhalde“ in Schnait in den Blick genommen werden. In diesem landschaftlich eher versteckten und nur noch teilweise bewirtschafteten Rebgelände könnte musterartig untersucht werden, wie nicht mehr genutzte Rebflächen einer sinnvollen Nachnutzung zugeführt werden können, evtl. im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens. Insgesamt erscheint es so realistisch, unter Beachtung des Natur- und Landschaftsschutzes eine Gesamtleistung von 50 MWp mit Solarparks zu erreichen.

Große Chancen für die Energiewende bietet auch die Nutzung der Windkraft. Im Gewann „Nonnenberg“ zwischen Schönbühl und Manolzweiler hat der Verband Region Stuttgart als Vorschlag für die Fortschreibung des Regionalplans Windkraft das Vorranggebiet RM-33 mit einer Fläche von 41 ha ausgewiesen, davon 33 ha auf Weinstädter Gemarkung. Kriterien für die Abgrenzung des Gebiets waren ein gutes Winddargebot zum wirtschaftlichen Betrieb von Windkraftanlagen sowie die Belange von Landschaftsbild, Erholungsfunktion sowie Natur- und Artenschutz. Nach unseren Recherchen bei Windkraftprojektierern könnten auf dieser Fläche zwei bis drei moderne Windkraftanlagen und einer Gesamtleistung von bis zu 15 MWp errichtet werden. Deren Auswirkung auf das Landschaftsbild halten wir für verträglich und weit entfernt von dem immer wieder bemühten Zerrbild einer „Verspargelung“ der Landschaft. Bei einer wesentlichen Verkleinerung des Gebiets und entsprechender Reduzierung auf evtl. nur noch ein Windrad steht zu fürchten, dass die nahezu gleich bleibenden Kosten der Erschließung und der Stromanbindung keinen wirtschaftlichen Betrieb erlauben. Deshalb fordern wir, den Plänen des VRS zuzustimmen und nicht ohne Not auf eine drastische Verkleinerung des Vorranggebiets hinzuarbeiten. Für die Nutzung der Windkraft auf dem Nonnenberg spricht nicht zuletzt, dass damit dem städtischen Haushalt jährlich Einnahmen in Form von Pachterlösen, Gewerbesteuern und Stromerträgen von bis zu 400.000 € zufließen könnten.

Bürgerfreundliche, klimaschonende Mobilität durch mehr Rad- und Fußverkehr sowie ÖPNV

Der Verkehr ist für 31 % der Treibhausgas-Emissionen in Weinstadt verantwortlich. Zum Schutz des Klimas und für weniger Abgase und Lärm in der Stadt stecken wir uns das Ziel, dass 40 % der innerstädtischen Wege zu Fuß, mit dem Rad, per ÖPNV oder mit abgasfreien Fahrzeugen zurückgelegt werden. Die von der Stadt beauftragte integrierte Verkehrsentwicklungsplanung (IMEP) mit einer gesamtstädtische Mobilitätsplanung und einem Radverkehrskonzept soll in den nächsten Monaten vom Gemeinderat beraten und beschlossen werden. Davon erwarten wir vor allem Anstöße für eine Attraktivierung des ÖPNV mit wohnbereichsnahen Haltestellen und besseren Anschlussverbindungen. Außerdem muss der barrierefreie Umbau der Bushaltestellen deutlich forciert werden. Nachdem wir seit Jahren viele Schwachstellen im Weinstädter Radwegenetz aufgezeigt haben, erwarten wir uns vom IMEP nun einen Schub für bessere und sichere Radwege in der Stadt. Als konkrete Maßnahme für 2024 haben wir die Beleuchtung einzelner Gefahrstellen bei der Endersbacher Kelter sowie der Kreuzung beim Käppele am Schulradweg von Strümpfelbach zum Bildungszentrum mit bewegungsgesteuerten LED-Solarleuchten beantragt. Diese Beleuchtung nützt der Sicherheit der zahlreichen Fußgänger und Radfahrer weit mehr als die geplanten reflektierenden Fahrbahn-Randstreifen. Ferner haben wir beantragt, die Pestalozzistraße in Endersbach zur Fahrradstraße umzuwidmen. Als wichtigster Schulradweg von Endersbach zum Bildungszentrum wird dieser Bereich von vielen und meist jugendlichen Radfahrern befahren, auch weil es dort bisher keinen sicheren Radweg gibt. Auf Fahrradstraßen hat der Radverkehr Vorrang und der zugelassene Kfz-Anliegerverkehr muss besondere Rücksicht auf den Radverkehr nehmen. Zu den nach wie vor gemeingefährlichen Ein- und Ausstiegssituation an den Zughaltestellen in Beutelsbach und Stetten-Beinstein gab es von der Bahn AG immerhin die Auskunft, dass Stetten-Beinstein ab 2025 auf barrierefreie, höhengleiche Bahnsteige umgebaut werden soll. Wir werden diese Zusage im Auge behalten.

Gute Kinderbetreuung und schulische Angebote

Eltern ist eine verlässliche und qualitativ hochwertige Betreuung ihrer Kinder besonders wichtig. Wegen des Fachkräftemangels wird es immer schwieriger und erfordert monetäre Anreize, ausreichendes und qualifiziertes Erzieherinnenpersonal zu halten bzw. zu gewinnen. Vor allem diese rasant steigenden Personalkosten haben dazu geführt, dass der Eigenanteil der Stadt an den Betreuungskosten derzeit 85 % übersteigt, während die Elternbeiträge weniger als 15 % abdecken. Familien mit niedrigen Einkommen können eine Ermäßigung des Elternbeitrags beantragen. Das bisherige Gebührenmodell berücksichtigt jedoch nicht die höhere finanzielle Leistungsfähigkeit von Familien mit höheren Haushaltseinkommen. Deshalb beantragen wir GRÜNE die Erarbeitung eines Systems zur einkommensabhängigen Bemessung der Elternbeiträge aus Gründen der Gebührengerechtigkeit und zur Stabilisierung des Kostendeckungsgrades.

Angesichts des desolaten baulichen Zustands der Grundschule Beutelsbach, des Bedarfs an Ganztagesschulplätzen und des ab 2026 geltenden Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen darf der Neubau dieser Schule nicht weiter hinausgeschoben werden, wie dies die Stadtverwaltung empfiehl. Deshalb beantragen wir, wie bisher vorgesehen mit den Neubauplanungen im Jahr 2025 zu beginnen. Auch bei diesem früheren Planungsstart müssen die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerschaft noch lange Jahre mit den Unzulänglichkeiten der alten Gebäude zurechtkommen.

Wirtschaftsbetriebe unterstützen und eine Perspektive geben

In Weinstadt besteht weiterhin dringender Bedarf, interessierten Betrieben Gewerbeflächen anbieten zu können. Damit werden auch wohnungsnahe Arbeitsplätze in der Stadt geschaffen und die Wirtschaftskraft der Stadt verbessert. Zur Begrenzung des Landschaftsverbrauchs müssen solche neuen Siedlungsbereiche intensiv genutzt und klimaneutral entwickelt werden. Deshalb schlagen wir die Aufnahme von Planungen für ein innovatives produktives Stadtquartier im Gebiet „Metzgeräcker“ in Endersbach vor, das zudem klimaneutral und ressourcenschonend entwickelt werden soll.

Wir freuen uns, dass der neue Wirtschaftsförderer der Stadt ab April 2024 mit einer Vollzeitstelle die aktive Unterstützung der bereits ansässigen Betriebe und die Akquise von Neuansiedlungen angehen kann. Gerade auch der Wandel der Wirtschaft im Zeichen von globalen Handelsstrukturen, Digitalisierung und klimagerechten Geschäftsprozessen verstärkt diesen Handlungsbedarf. Das verstärkte Engagement in diesem Bereich liegt mit Blick auf unser unterdurchschnittliches Gewerbesteueraufkommen und den hohen Auspendleranteil durchaus auch im Eigeninteresse der Stadt und wird sich mittel- und langfristig sicher lohnen.

Bezahlbaren Wohnraum innerorts schaffen, vorhandenen Wohnraum besser nutzen, Freiräume schützen

Beim Bauen müssen mehr denn je die Belange von Natur-, Klima- und Umweltschutz berücksichtigt werden. Es gilt, Freiräume konsequent zu schützen und Innen- vor Außenentwicklung zu praktizieren. Zur besseren Nutzung der innerörtlichen Wohnraumpotenziale sollen, wie mit dem städtebaulichen Rahmenplan Bahnhofstraße-Beutelsbacher Straße erprobt, alte Bebauungspläne weiterentwickelt werden. Durch maßvolle Nachverdichtung und Aufstockung – die sogenannte vertikale Baulandentwicklung –sowie durch Anpassung der Plansatzungen an die Anforderungen zur energetischen Sanierung der Gebäude können die Ortskerne gestärkt und die Inanspruchnahme von Außenbereichsflächen verringert oder vermieden werden. Neubaugebiete mit Einfamilienhäusern haben einen zu hoher Flächen- und Naturverbrauch und sind deshalb ist im dicht besiedelten Remstal fehl am Platz.

Als Instrument zur besseren Nutzung des vorhandenen Wohnraumpotenzials beantragen wir die Teilnahme der Stadt am Förderprogramm „Wiedervermietungsprämie“ der Wohnraumoffensive des Landes Baden-Württemberg. Kommunen, die beratend oder vermittelnd tätig werden, um leerstehenden Wohnraum wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen, erhalten im Erfolgsfall eine Prämie von zwei Monatskaltmieten. Als finanziellen Anreiz für die Wohnungseigentümer soll an diese 80 % der Prämie weitergereicht werden.

Mehr Pflegeplätze und flexible Pflegeangebote für ältere Mitbürger*innen

Noch keine greifbaren Ergebnisse hat der vor sechs Jahren gemeinsam von Freien Wählern und GOL beantragte Arbeitsauftrag an die Stadtverwaltung ergeben, Standorte und Investoren für weitere Pflegeheime zu finden. Dabei sind die Prognosen des Stadtseniorenplans eindeutig: Der Bedarf an stationären Pflegeplätzen in der Stadt wird stark ansteigen um etwa 143 Pflegeplätze bis zum Jahr 2025. Und bereits heute gibt es keine freien Pflegeplätze in der Stadt. Handlungsbedarf besteht auch bei der im Stadtseniorenplan empfohlenen Erweiterung der Angebote für Kurzzeit- und Tagespflege sowie zur Errichtung von drei weiteren Einrichtungen für das betreute Wohnen. Wir erinnern deshalb ebenso an den vor drei Jahren genehmigten Haushaltsantrag der GOL zum Voranbringen dieser Planungen.

Aktive Stadtwerke Weinstadt

Seit ihrer Neuaufstellung vor 13 Jahren haben unsere Stadtwerke eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Aus einem bescheidenen Zwei-Sparten-Werk hat der Betriebsleiter, Thomas Meier, zusammen mit seinem Team ein breit aufgestelltes, innovatives Stadtwerk entwickelt, das mittlerweile in acht Sparten zum Nutzen unserer Stadt und unserer Bürgerschaft erfolgreich tätig ist. Nicht zuletzt sind die Stadtwerke unser kommunaler Hauptakteur beim Klimaschutz, insbesondere durch den zügigen Ausbau des Nahwärmenetzes auf mittlerweile mehr als 1.300 angeschlossene Haushalte und weitere 300 Haushalte im Planungsstadium. Für diese Haushalte ergibt sich dadurch eine CO2-Einsparung beim Heizen von bis zu 70 %. Um diesen Wert weiter zu verbessern und vom fossilen und krisenanfälligen Energieträger Erdgas wegzukommen, sollen in den nächsten Jahren verstärkt erneuerbare Energieträger zur Nahwärmeerzeugung eingesetzt werden, wie z.B. mit der Abwärme aus dem Klärwerksablauf. Weitere Option ist die Nutzung von Remswasser als erneuerbare Umweltenergie mit einem Potenzial von bis zu 45 GWh pro Jahr. Allein damit könnte der Energiebedarf im Jahr 2040 für das bis dahin erweiterte Nahwärmenetz in Weinstadt zu 80 % klimaneutral erzeugt werden.

Stadtweinberg zukunftsträchtig weiterentwickeln

Der Klimawandel und die besondere Lage des Stadtweinbergs in steiler Randlage zur zunehmend verbuschenden Dachsrainklinge führen dort zu einem kleinklimatische feuchteren Milieu. Die Reben stehen dort deutlich mehr unter Druck hinsichtlich Pilzkrankheiten, Durchlüftung und Licht. Ferner sind die technischen Voraussetzungen für einen optimalen Pflanzenschutz aufgrund der terrassierten Anpflanzung und der dadurch sehr unterschiedlichen Abstände der Rebzeilen schwierig. Eine probate Lösungsstrategie bietet hier die schrittweise Umstellung auf robuste, pilzwiderstandsfähige Rebsorten (sog. PIWI-Sorten), die ein wesentlich höheres natürliches Abwehrpotenzial gegen Pilzinfektionen aufweisen und daher erheblich weniger Pflanzenschutzmaßnahmen erfordern. Wir haben deshalb beantragt, mit einem zukunftsweisenden Konzept unter Nutzung der rund 30- jährigen Erfahrung unseres neuen Stadtwengerters mit PIWI-Rebsorten auf die veränderten klimatischen Bedingungen zu reagieren und eine zeitgemäße Bewirtschaftung und Verjüngung der Reben zu erreichen. WEINstadt hat hier die Möglichkeit, sich mit einem innovativen und zukunftsweisenden Konzept für nachhaltigen Weinbau zu profilieren.

Lebensräume schaffen für die natürliche Vielfalt

Die ständige Ausweitung von Siedlungs- und Verkehrsflächen führt zu Verlusten an natürlichen Lebensräumen in der Stadt und trägt damit bei zum Rückgang von Insekten- und Vogelbeständen. Deshalb freut uns die Umsetzung unseres letztjährigen Haushaltsantrags, Teile der intensiv gepflegten Rasenflächen in artenreiche, mehrjährige Blumenwiesen umzuwandeln und so auch die Bewirtschaftungskosten zu verringern. Weiterhin haben wir vorgeschlagen, den arbeits- und kostenaufwändigen Wechselflor in Beeten und Rabatten zu ersetzen durch mehrjährige und artenreiche Bepflanzungen mit heimischen Stauden. Diese bieten einen lange anhaltenden Blütenflor, der schön anzuschauen ist und viele Monate lang Nahrung für die Insektenwelt bietet. Ökologische Verbesserungen in größerem Maßstab erhoffen wir von der Biotopverbundplanung, die in diesem Jahr begonnen werden soll.

Gemeinsamer Einsatz für ein gutes Miteinander in der Stadt tut Not

Wir leben in Zeiten zunehmender Bedrohung unserer demokratischen Grundwerte Freiheit, Respekt und Toleranz. Deshalb gilt es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und all jenen in der Stadt zu danken, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement dazu beitragen. Sie engagieren sich im Stadtseniorenrat, im Jugendgemeinderat und anderen Beiräten, bei der Feuerwehr und anderen Hilfsdiensten, in den vielen Vereinen und Kirchen, im KlimaBündnis, im Integrationsverein oder ganz individuell. Von Ihrem Einsatz lebt unsere Gemeinschaft, herzlichen Dank dafür! Beim Dank allein soll es jedoch nicht bleiben. Immer wichtiger werden direkte Beteiligungsformate, bei denen die Bürgerschaft und Bürgergruppen ihre Meinungen und Vorschläge zu wichtigen Entwicklungen in der Stadt einbringen können. Dies zeigte die gute Resonanz bei der Klimawerkstatt und bei den Foren zum Mobilitätsentwicklungsplan. Deshalb regen wir erneut an, über die Einführung von Bürgerhaushaltsanträgen nachzudenken, die in anderen Städten schon viele interessante Anregungen erbracht haben und die Identifikation mit der Heimatkommune stärken können.

Abschließend gilt unser Dank den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die mit hohem Arbeitseinsatz auch unter schwierigen Bedingungen für das Funktionieren unseres Gemeinwesens sorgen.

Dr. Manfred Siglinger